SCHLAFENDE SCHWESTERN BEIM GEISTERTANZ

Fotoausstellung im kunstraum t27
von Pauline Krebs

Unter dem Titel „Aura“ zeigt der kunstraum t27 Karen Stukes Arbeiten gemeinsam mit dem Werk „Meeting Point 4“ der japanischen Künstlerin Kei Takemura: Auf großformatigen Abzügen werden schemenhafte Gestalten sichtbar, eine Tänzerin, eine alte Frau und ein Baby. Sie werden von gestickten Figuren auf dünnem Seidenstoff überlagert, die Schatten ihrer selbst zu sein scheinen.

Unter dem Titel „Aura“ zeigt der kunstraum t27 Karen Stukes Arbeiten gemeinsam mit dem Werk „Meeting Point 4“ der japanischen Künstlerin Kei Takemura: Auf großformatigen Abzügen werden schemenhafte Gestalten sichtbar, eine Tänzerin, eine alte Frau und ein Baby. Sie werden von gestickten Figuren auf dünnem Seidenstoff überlagert, die Schatten ihrer selbst zu sein scheinen.

Geisterhaftes überzieht Betten und Sofas; manchmal lässt sich ein schlafendes Gesicht, ein Arm oder der Rücken einer Liegenden ausmachen. Schläft die Abgebildete wirklich? Viel zu unruhig, zu aktiv erscheint die nächtliche Ruhepause. Ist sie alleine? Wer sitzt dort rauchend auf der Bettkante?

In ihrer Serie „Sleeping Sister“ richtet die Fotokünstlerin Karen Stuke ihre Camera Obscura auf sich selbst und gewährt dem Betrachter einen intimen Blick aus der Distanz – denn im Mittelpunkt der Abbildungen steht sie selbst. Obwohl während der schutzlosen Momente des Schlafes aufgenommen, ist der Blick der Camera Obscura nicht voyeuristisch, denn hinter dem Sucher steht kein Fotograf. Die Belichtungsdauer eines Bildes dauert so lange wie die Nachtruhe – die Kamera wird zum ausdauernden Beobachter, bis die ersten Strahlen der Morgensonne die Nacht beenden.

Auf den Abbildungen sind die unterschiedlichen Schlafpositionen übereinander gelagert – Außen und Innen verwischen sich, die unbewusste Traumwelt verbindet sich mit der Bewegung des schlafenden Körpers. Es ist nicht das heimische Bett, in dem Karen Stuke ihre „Sleeping Sister“ beobachtet. Sie reist mit der Kamera um die Welt und nächtigt in verschiedenen Kulissen; jede Schlafmöglichkeit wird nur ein einziges Mal abgelichtet. Ob in Osaka auf einem Futon oder auf einer Gästecouch in Los Angeles – der Schlaf ist immer ein anderer. 2001 begann die Fotokünstlerin ihre Serie, die sie nach wie vor erweitert.

Unter dem Titel „Aura“ zeigt der kunstraum t27 Karen Stukes Arbeiten gemeinsam mit dem Werk „Meeting Point 4“ der japanischen Künstlerin Kei Takemura: Auf großformatigen Abzügen werden schemenhafte Gestalten sichtbar, eine Tänzerin, eine alte Frau und ein Baby. Sie werden von gestickten Figuren auf dünnem Seidenstoff überlagert, die Schatten ihrer selbst zu sein scheinen.

Die Arbeiten der Japanerin sind stark biografisch geprägt, befassen sich mit Erinnerungen, Momentaufnahmen und kulturellen Differenzen. So handelt „Meeting Point 4“ von zwei Frauen, denen die Künstlerin in Dresden begegnete. Eine befreundete Tänzerin, die für Takemuras Baby tanzt, sowie eine namenlose Seniorin, der die Künstlerin auf der Straße begegnete und die sie in Bewegung und Statur an ihre verstorbene Großmutter erinnerte. Persönliche, kulturell geprägte Erinnerungen verschwimmen, überlagern sich, scheinen im nächsten Moment zu entgleiten.

Sowohl Kei Takemura als auch Karen Stuke erlauben uns Betrachtern einen intimen Blick, ohne dass dieser aufdringlich oder direkt zu deuten wäre – genausowenig wie der treffende Ausstellungstitel „Aura“ eine klare Deutung zulässt. Am letzten Tag der poetischen Schau lädt die Galerie zum Gespräch mit beiden Künstlerinnen ein. Zugleich findet die Auslosung einer Kunstlotterie statt: Für fünf Euro kann ein Los erworben werden, mit dem jeweils ein Werk von Stuke oder Takemura zu gewinnen ist. Vom Erlös, wie schlau, deckt die Galerie dann auch gleich die Transportkosten der ausgestellten Werke.

Kunstraum t27, Kunstverein Neukölln: Ausstellung „Aura“, Thomasstr 27. Mi–So, 15–19 Uhr, bis 16. September, Finissage mit Künstlergespräch 19.30 Uhr.

Pauline Krebs, Frankfurter Rundschau, 28.8.2012